Fundstelle: Bundesgerichtshof, Mitteilung der Pressestelle Nr. 77/2010
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 14. April 2010 eine Vertragsklausel in einem Auto-Kaufvertrag für wirksam erklärt, durch die der Schadensersatzanspruch der Fahrzeughändlerin im Fall der Nichtabnahme des Fahrzeugs auf zehn Prozent des Kaufpreises pauschaliert, dem Käufer aber vorbehalten wird, einen geringeren Schaden nachzuweisen.
Im entschiedenen Fall kaufte die Beklagte am 10. Januar 2008 von der Klägerin, einer Fahrzeughändlerin, einen gebrauchten PKW Toyota Prius zum Preis von 29.000 €. Die von der Verkäuferin verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten unter anderem folgende Klausel:
"1. Der Käufer ist verpflichtet, den Kaufgegenstand innerhalb von acht Tagen ab Zugang der Bereitstellungsanzeige abzunehmen. Im Falle der Nichtabnahme kann der Verkäufer von seinen gesetzlichen Rechten Gebrauch machen. 2. Verlangt der Verkäufer Schadensersatz, so beträgt dieser 10 % des Kaufpreises. Der Schadensersatz ist höher oder niedriger anzusetzen, wenn der Verkäufer einen höheren oder der Käufer einen geringeren Schaden nachweist."
Am 15. Januar 2008 trat die Käuferin vom Kaufvertrag zurück. Mit Schreiben vom gleichen Tage bestätigte die Verkäuferin den Vertragsrücktritt. Gleichzeitig bat sie um Zahlung der im Kaufvertrag vorgesehenen Abstandssumme in Höhe von zehn Prozent des Kaufpreises. Dies lehnte die Käuferin ab. Die auf Zahlung eines pauschalierten Schadensersatzes von 2.900 EUR gerichtete Klage hatte in den Vorinstanzen Erfolg.
Die dagegen gerichtete Revision der Käuferin ist zurückgewiesen worden. Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Verkäuferin enthaltene Schadenspauschalierung nicht gegen das in § 309 Nr. 5 Buchst. b BGB* geregelte Klauselverbot verstößt und somit wirksam ist. Nach § 309 Nr. 5 Buchst. b BGB muss dem Vertragspartner ausdrücklich der Nachweis gestattet werden, ein Schaden sei überhaupt nicht entstanden oder wesentlich niedriger als die Pauschale. Die Zulassung des Nachweises muss danach in der Klausel zwar ausdrücklich angesprochen sein. Der Gesetzestext muss aber nicht wörtlich wiedergegeben werden. Es genügt, wenn der Hinweis auf die Möglichkeit des Gegenbeweises einem rechtsunkundigen Vertragspartner ohne weiteres deutlich macht, dass darin die Möglichkeit des Nachweises, ein Schaden sei überhaupt nicht entstanden, eingeschlossen ist. Diese Voraussetzung ist bei der im entschiedenen Fall verwendeten Klausel erfüllt. Denn aus der Sicht eines verständigen, juristisch nicht vorgebildeten Vertragspartners liegt es auf der Hand, dass die Möglichkeit des Nachweises eines geringeren Schadens zugleich den Nachweis einschließt, dass überhaupt kein Schaden entstanden ist.
*§ 309 BGB: Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit
Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam ...
5. (Pauschalierung von Schadensersatzansprüchen)
die Vereinbarung eines pauschalierten Anspruchs des Verwenders auf Schadensersatz oder Ersatz einer Wertminderung, wenn
a) die Pauschale den in den geregelten Fällen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden oder die gewöhnlich eintretende Wertminderung übersteigt oder
b) dem anderen Vertragsteil nicht ausdrücklich der Nachweis gestattet wird, ein Schaden oder eine Wertminderung sei überhaupt nicht entstanden oder wesentlich niedriger als die Pauschale;
...
Stand: 14.04.2010
Fundstelle: Bundesgerichtshof, Mitteilung der Pressestelle Nr. 79/2010
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 14. April 2010 seine Rechtsprechung bestätigt, dass ein Käufer trotz Rücktritts vom Kaufvertrag Anspruch auf Ersatz des ihm entstandenen Nutzungsausfallschadens hat, wenn er ein gekauftes Fahrzeug infolge eines Sachmangels nicht nutzen kann.
Die Klägerin kaufte im April 2005 als Verbraucherin von der beklagten Fahrzeughändlerin einen gebrauchten PKW Honda Jazz zum Preis von 13.100 EUR. Der PKW war bei Übergabe an die Klägerin - für die Beklagte erkennbar - aufgrund eines nicht fachgerecht beseitigten Unfallschadens an der Vorderachse nicht betriebs- und verkehrssicher, weswegen die Klägerin im Oktober 2005 vom Kaufvertrag zurücktrat. Durch rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Berlin vom Februar 2007 wurde die Beklagte zur Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs verurteilt. Die Klägerin nutzte den PKW nach dem Rücktritt bis zum Erwerb eines Ersatzfahrzeugs für 168 Tage nicht. Sie verlangt von der Beklagten Ersatz des Nutzungsausfallschadens und vergeblicher Aufwendungen in Höhe von rund 6.400 EUR.
Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben, den ersatzfähigen Zeitraum jedoch auf 60 Tage begrenzt. Das Kammergericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat es das Urteil des Landgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin hatte im Wesentlichen Erfolg.
Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat seine Rechtsprechung bekräftigt, dass ein Rücktritt des Käufers vom Kaufvertrag wegen eines Mangels am Kraftfahrzeug diesem Schadensersatzansprüche wegen eines mangelbedingten Nutzungsausfalls nicht abschneidet (§ 325 BGB*; vgl. Urteil vom 28. November 2007 - VIII ZR 16/07, BGHZ 174, 290). Vielmehr kann der Käufer, falls der Verkäufer die mangelhafte Lieferung zu vertreten hat, Ersatz des Schadens, der ihm dadurch entsteht, dass er das von ihm erworbene Fahrzeug allein wegen des Mangels nicht nutzen kann, auch dann verlangen, wenn er wegen des Mangels vom Kaufvertrag zurücktritt. Allerdings ist der Käufer im Hinblick auf die ihn treffende Schadensminderungspflicht gehalten, binnen angemessener Frist ein Ersatzfahrzeug zu beschaffen und einen längeren Nutzungsausfall gegebenenfalls durch die Anschaffung eines Interimsfahrzeugs zu überbrücken.
Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückverwiesen worden, weil u. a. noch zu klären ist, ob die Käuferin bei der 168 Tage dauernden Ersatzbeschaffung ihrer Schadensminderungspflicht genügt hat oder ob sie insoweit ein Mitverschulden trifft.
* § 325 BGB: Schadensersatz und Rücktritt
Das Recht, bei einem gegenseitigen Vertrag Schadensersatz zu verlangen, wird durch den Rücktritt nicht ausgeschlossen.
Stand: 14.04.2010
Fundstelle: Bundesgerichtshof, Mitteilung der Pressestelle Nr. 36/2010
Der Bundesgerichtshof hat am 17. Februar 2010 über die Frage entschieden, ob die Vorschriften über Allgemeine Geschäftsbedingungen (§§ 305 ff. BGB) im Falle eines Kaufs unter Privatleuten anwendbar sind, wenn dem Geschäft ein Vertragsformular zugrunde gelegt wird, das der einen Vertragspartei vorliegt, aber von Dritten stammt (hier von einer Versicherung als Serviceleistung angeboten wurde). Die Anwendbarkeit der Vorschriften wurde in dem entschiedenen Fall verneint.
Die Beklagte verkaufte im Mai 2007 als Privatperson einen gebrauchten Volvo zum Preis von 4.600 EUR an den Kläger. Die Beklagte hatte das Fahrzeug selbst zwei Jahre zuvor von einem Gebrauchtwagenhändler erworben. Als Vertragsformular wurde ein Vordruck einer Versicherung verwendet, der als "Kaufvertrag Gebrauchtwagen - nur für den Verkauf zwischen Privatpersonen" gekennzeichnet ist. Die Parteien hatten zuvor telefonisch darüber gesprochen, wer ein Vertragsformular mitbringen solle, und sich auf das der Beklagten bereits vorliegende Vertragsformular der Versicherung geeinigt. Dieses Formular enthält folgende Klausel:
"Der Käufer hat das Fahrzeug überprüft und Probe gefahren. Die Rechte des Käufers bei Mängeln sind ausgeschlossen, es sei denn, der Verkäufer hat einen Mangel arglistig verschwiegen und/oder der Verkäufer hat eine Garantie für die Beschaffenheit des Vertragsgegenstandes abgegeben, die den Mangel betrifft".
Mit der Behauptung, das Fahrzeug habe vor Übergabe an ihn einen erheblichen Unfallschaden gehabt, hat der Käufer eine Minderung des von ihm gezahlten Kaufpreises um 1.000 EUR geltend gemacht und Klage erhoben. In den ersten beiden Instanzen ist die Klage abgewiesen worden.
Die dagegen gerichtete Revision des Klägers hatte keinen Erfolg. Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die Verkäuferin die Gewährleistung für Mängel des verkauften Fahrzeugs wirksam ausgeschlossen hat. Zwar hätte der uneingeschränkte Gewährleistungsausschluss einer Prüfung am Maßstab des § 309 Nr. 7 BGB* nicht standgehalten, wenn es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung gehandelt hätte. Das ist aber nicht der Fall, weil die Vertragsbedingung nicht im Sinne des § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB* von der Verkäuferin gestellt worden ist.
In einem Stellen vorformulierter Vertragsbedingungen kommt die einseitige Ausnutzung der Vertragsgestaltungsfreiheit einer Vertragspartei zum Ausdruck. Daran fehlt es, wenn die Einbeziehung der Vertragsbedingungen sich als das Ergebnis einer freien Entscheidung der anderen Vertragspartei darstellt. Dazu ist erforderlich, dass diese in der Auswahl der in Betracht kommenden Vertragstexte frei ist und Gelegenheit erhält, alternativ eigene Textvorschläge mit der effektiven Möglichkeit ihrer Durchsetzung in die Verhandlungen einzubringen. Diese Freiheit hat im entschiedenen Fall für den Käufer bestanden, weil die Parteien sich auf ein Vertragsformular geeinigt hatten und der Käufer damit nach den Feststellungen des Landgerichts die Möglichkeit hatte, dem Vertragsschluss ein Vertragsformular eigener Wahl zugrunde zu legen.
* § 305 BGB: Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in den Vertrag
Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt...
...
§ 309 BGB: Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit
Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam
7. (Haftungsausschluss bei Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit und bei grobem Verschulden)
a) (Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit)
ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit, die auf einer fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen;
b) (Grobes Verschulden)
ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für sonstige Schäden, die auf einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen;
Stand: 17.02.2010
Fundstelle: Bundesgerichtshof, Mitteilung der Pressestelle Nr. 213/2009
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte darüber zu entscheiden, ob die Einstandspflicht aus einem Garantievertrag für ein Kraftfahrzeug im Schadensfall davon abhängig gemacht werden kann, dass eine formularmäßig vorgesehene Inspektion beim Verkäufer durchgeführt worden ist und eine Rechnung über die schon erfolgte Reparatur vorgelegt wird.
Der Kläger erwarb von einer Autohändlerin einen zehn Jahre alten Pkw Mercedes Benz C 280 mit einer Fahrleistung von 88.384 km. Die Verkäuferin gewährte dabei auf bestimmte Bauteile eine Garantie, der die Beklagte beitrat. Die Garantiebedingungen erlegen dem Käufer/Garantienehmer umfangreiche "Pflichten" auf: Unter anderem muss er die vom Hersteller vorgeschriebenen oder empfohlenen Wartungs- oder Pflegearbeiten beim Verkäufer/Garantiegeber durchführen; sofern dies z.B. aus Entfernungsgründen nicht zumutbar ist, hat er vor der Beauftragung einer anderen Werkstatt eine entsprechende "Freigabe" des Verkäufers/Garantie-gebers einzuholen. Nach § 6 der Garantiebedingungen hat der Käufer eine Reparaturrechnung vorzulegen, aus der die ausgeführten Arbeiten, die Ersatzteilpreise und die Lohnkosten mit Arbeitszeitwerten im Einzelnen ersichtlich sind.
Der Kläger ließ im Dezember 2006 die 100.000-km-Inspektion von einer anderen Reparaturwerkstatt durchführen. Dabei wurde ein Motorschaden festgestellt. Der Kläger hat auf der Grundlage eines Kostenvoranschlags von der Beklagten die Zahlung von 1.077,55 EUR verlangt. Die Beklagte ist der Auffassung, sie sei von ihrer Leistungspflicht befreit, weil die 90.000 km-Inspektion nicht durchgeführt worden sei. Außerdem entstünden Ansprüche aus der Garantie erst mit der Durchführung der Reparatur und Vorlage der Reparaturrechnung.
Mit der Klage hat der Kläger die Zahlung des geltend gemachten Betrages nebst Zinsen begehrt. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht der Klage in Höhe von 1.000 EUR - des Höchstbetrags der Garantie für Fahrzeuge dieses Alters - nebst Zinsen stattgegeben. Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg.
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Beklagte aus der übernommenen Garantie haftet. Die Beklagte ist nicht deswegen von ihrer Zahlungspflicht befreit, weil der Kläger die vom Hersteller vorgesehene 90.000-km-Inspektion nicht hat durchführen lassen; denn die von der Beklagten verwendete Inspektionsklausel ist wegen unangemessener Benachteiligung der Garantienehmer gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Dem Käufer/Garantienehmer ist es in vielen Fällen nicht zumutbar, das gekaufte Fahrzeug in der Werkstatt des Verkäufers warten zu lassen. Dem trägt die Klausel nicht angemessen Rechnung, weil sie dem Käufer insoweit lediglich die Möglichkeit einräumt, die Inspektion nach vorheriger Genehmigung ("Freigabe") des Verkäufers in einer anderen Werkstatt durchführen zu lassen, ohne dass hierfür ein Bedürfnis auf Seiten des Verkäufers/Garantiegebers ersichtlich ist.
Gleichfalls nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam ist § 6 der Garantiebedingungen in der von der Beklagten bevorzugten - kundenfeindlichsten - Auslegung, dass der Verkäufer/Garantiegeber zu Leistungen aus der Garantie erst nach Vorlage der Reparaturrechnung verpflichtet ist. Durch eine in diesem Sinne verstandene Klausel würde der Käufer/Garantienehmer in mehrfacher Hinsicht unangemessen benachteiligt. Zum einen müsste er die Reparatur vorfinanzieren und könnte deshalb, soweit er dazu nicht in der Lage ist, von der Beklagten überhaupt keinen Ersatz erlangen. Ferner müsste der Käufer/Garantienehmer, um die Garantieleistung zu erhalten, unter Umständen eine Reparatur durchführen, die unwirtschaftlich ist, weil die Reparaturkosten den Höchstbetrag der Kostenerstattung gemäß § 5 der Garantiebedingungen (hier: 1.000 EUR) oder sogar den Wert des Fahrzeugs deutlich übersteigen. Die in den Garantiebedingungen versprochene Funktionsgarantie für bestimmte Fahrzeugteile würde damit für den Käufer unter Umständen weitgehend wertlos.
Stand: 15.10.2009
Fundstelle: www.bundesgerichtshof.de
Aus den Gründen:
Ziffer 1 der AGB ist gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam, soweit dem Provider das Recht vorbehalten werde, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen und die Sondervereinbarungen anzupassen. Nach dem Inhalt der Klausel ist der Provider berechtigt, seine Geschäftspartner nach Vertragsschluss durch Änderung vereinbarter Bedingungen schlechter zu stellen, als er bei Abschluss des Vertrages stand. Die Anpassung durch neue, allein vom Verwender aufgestellte Regelungen stellt einen Eingriff in ein bestehendes Vertragsverhältnis dar. Dieser lässt sich nach der Rechtsprechung des IV. Zivilsenats zu Versicherungsverträgen nach den gemäß § 307 Abs. 1 BGB zu berücksichtigenden Interessen beider Vertragsparteien nur rechtfertigen, wenn durch unvorhersehbare Änderungen, die der Verwender nicht veranlasst und auf die er auch keinen Einfluss hat, das bei Vertragsschluss bestehende Äquivalenzverhältnis in nicht unbedeutendem Maße gestört wird. Ebenso kann eine im Regelungswerk entstandene Lücke, etwa wenn die Rechtsprechung eine Klausel für unwirksam erklärt, Schwierigkeiten bei der Durchführung des Vertrages entstehen lassen, die nur durch eine Anpassung oder Ergänzung zu beseitigen sind. Lediglich unter diesen engen Voraussetzungen ist eine nachträgliche Anpassung des Inhalts des Versicherungsvertrags gerechtfertigt, die einseitig in Allgemeinen Geschäftsbedingungen geregelt werden kann.
Soweit eine AGB-Klausel eine darüber hinausgehende Abänderungsbefugnis enthält, benachteiligt sie den Gegner des Verwenders unangemessen im Sinne des § 307 Abs. 1 BGB. Denn soweit sich der Verwender das Recht einräumt, über die Wiederherstellung des Äquivalenzverhältnisses oder das Füllen von Lücken hinaus vertragliche Positionen seines Partners zu verschlechtern, versucht er entgegen den Geboten von Treu und Glauben einseitig, seine eigenen Interessen zu Lasten des Geschäftspartners durchzusetzen. [...]
Gleiches gilt, soweit die Klausel der Beklagten das Recht vorbehält, ihre Leistungen anzupassen. Nach § 308 Nr. 4 BGB sind zwar Klauseln, die das Recht des Verwenders enthalten, die versprochene Leistung zu ändern oder von ihr abzuweichen, grundsätzlich zulässig, soweit dies unter Berücksichtigung der Interessen des Verwenders für den anderen Vertragsteil zumutbar ist. Diese Bedingung ist aber nur erfüllt, wenn für die Änderung ein triftiger Grund vorliegt (BGH, Urteil vom 23. Juni 2005 - Az. VII ZR 200/04 m.w.N.) und die Klausel - im Hinblick auf die gebotene Klarheit und Verständlichkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) - die triftigen Gründe für das einseitige Leistungsbestimmungsrecht nennt, so dass für den anderen Vertragsteil zumindest ein gewisses Maß an Kalkulierbarkeit der möglichen Leistungsänderungen besteht [...].
Dieses Erfordernis erfüllt Ziffer 1 der AGB nicht. Die Klausel enthält keine näheren Bestimmungen, aus denen zu entnehmen wäre, unter welchen Voraussetzungen die Beklagte ihre Leistungen ändern können soll. Für ihre Vertragspartner sind damit die möglichen Leistungsänderungen nicht vorhersehbar.
Schließlich ist auch der in Ziffer 1 der AGB enthaltene Vorbehalt der Beklagten, die für ihre Leistungen zu entrichtenden Preise anzupassen, unwirksam. Die von der Beklagten verwendete Anpassungsklausel unterliegt, soweit sie sich auf die Preise bezieht, als Preisnebenabrede gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB
In Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Preisanpassungsklauseln sind, insbesondere bei Dauerschuldverhältnissen, wie dem Vertrag über die Gewährung des Zugangs zum Internet, zwar nicht grundsätzlich unwirksam. Sie sind ein geeignetes und anerkanntes Instrument zur Bewahrung des Gleichgewichts von Preis und Leistung bei langfristigen Lieferverträgen. Sie dienen dazu, einerseits dem Verwender das Risiko langfristiger Kalkulation abzunehmen und ihm seine Gewinnspanne trotz nachträglicher ihn belastender Kostensteigerungen zu sichern, und andererseits den Vertragspartner davor zu bewahren, dass der Verwender mögliche künftige Kostenerhöhungen vorsorglich schon bei Vertragsschluss durch Risikozuschläge aufzufangen versucht.
Die Schranke des § 307 BGB wird allerdings nicht eingehalten, wenn die Preisanpassungsklausel es dem Verwender ermöglicht, über die Abwälzung konkreter Kostensteigerungen hinaus den zunächst vereinbarten Preis ohne Begrenzung anzuheben und so nicht nur eine Gewinnschmälerung zu vermeiden, sondern einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen. Dementsprechend sind Preisanpassungsklauseln nur zulässig, wenn die Befugnis des Verwenders zu Preisanhebungen von Kostenerhöhungen abhängig gemacht wird und die einzelnen Kostenelemente sowie deren Gewichtung bei der Kalkulation des Gesamtpreises offen gelegt werden.
Auch Ziffer 2 der AGB ist unwirksam. Allerdings sind die vorstehenden Erwägungen nicht ohne weiteres auf diese Klausel zu übertragen. Sie unterscheidet sich von der soeben unter Nummer 1 abgehandelten dadurch, dass die von der Beklagten beabsichtigten Anpassungen ihrer Leistungen und der Vertragsbedingungen nicht aufgrund eines einseitigen Bestimmungsrechts des Verwenders eintreten sollen, sondern aufgrund eines - gegebenenfalls fingierten - Konsenses beider Vertragsparteien. [...] Ziffer 2 der AGB ist [...] nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.
Ziffer 2 der AGB benachteiligt auch unter Berücksichtigung, dass keine einseitige Anpassungsbefugnis der Provider besteht, sondern Änderungen des Vertragsverhältnisses nur im Wege eines - gegebenenfalls fingierten - Konsenses zustande kommen sollen, die Kunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB). Nach der maßgeblichen kundenfeindlichsten Auslegung der Klausel sind Anpassungen nicht nur von einzelnen Details der vertraglichen Beziehungen der Parteien mittels der fingierten Zustimmung zulässig. Vielmehr soll insbesondere "die jeweilige Leistungs- und Produktbeschreibung" angepasst werden können. Hieraus ergibt sich, dass im Wege der Zustimmungsfiktion auch Änderungen von Essentialia des Vertrages, insbesondere aller von der Beklagten geschuldeten Leistungen, unter Einschluss der Hauptleistungen, möglich sind, ohne dass eine Einschränkung besteht. Der Provider erhält damit eine Handhabe, das Vertragsgefüge insgesamt umzugestalten, insbesondere das Äquivalenzverhältnis von Leistungen und Gegenleistungen erheblich zu seinen Gunsten zu verschieben und damit die Position des Kunden zu entwerten.
Für solche weitreichenden, die Grundlagen der rechtlichen Beziehungen der Parteien betreffenden Änderungen ist ein den Erfordernissen der §§ 145 ff. BGB genügender Änderungsvertrag notwendig. Eine Zustimmungsfiktion wie die in Ziffer 2 der AGB reicht hierfür unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Kunden nicht aus.
Erfahrungsgemäß setzt sich der größte Teil von Verbrauchern nicht mit Vertragsanpassungen auseinander, die ihnen in der in der Klausel vorgesehenen Weise angesonnen werden. Sie werden deshalb regelmäßig in der Annahme, die Änderung werde "schon ihre Ordnung haben" schweigen. Die Klausel läuft deshalb in der Praxis weitgehend auf eine einseitige, inhaltlich nicht eingegrenzte Änderungsbefugnis der Beklagten hinaus. Eine solche Rechtsmacht wird für weniger gewichtige Anpassungen hinzunehmen sein, nicht jedoch für die nach dem Wortlaut der Klausel mögliche weitgehende Veränderung des Vertragsgefüges.
Stand: 08.11.2007
Fundstelle: beck-aktuell-Redaktion, Verlag C. H. Beck, 22. Juni 2006.
Anmerkung:
Mit der Entscheidung bestätigt das OLG München das Urteil des LG München I (Urteil vom 26.1.2006 - 12 O 16098/05). Eine solche Klausel ist nach Ansicht der Richter unwirksam, da sie gegen § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB verstößt, mit dem Äquivalenzprinzip unvereinbar ist und den Kunden unangemessen benachteiligt. Denn der Kunde hat mit der Einzahlung des Guthabens eine Vorleistung erbracht.
Durch das Urteil werden die Rechte der Mobiltelefonnutzer mit Prepaid-Verträgen erheblich gestärkt. Dies ist zu begrüßen. Hierbei ist aber zu beachten, dass bei den meisten anderen großen Mobilfunk-Anbietern ähnliche Klauseln zum Verfall von Prepaid-Guthaben in den AGB enthalten sind. Es bleibt abzuwarten, ob die restlichen Mobilfunkanbieter freiwillig ihre Vertragsbedingungen ändern.
Der verklagte Mobilfunktanbieter will zunächst die Zustellung der schriftlichen Urteilsbegründung abwarten und erst dann entscheiden, ob eine Nichtzulassungsbeschwerde einlegt wird, denn das OLG München hat die Revision im Urteil nicht zugelassen.
Stand: 22.06.2005
Fundstelle: http://www.jurpc.de
Diese Entscheidung im Volltext finden Sie hier.
Aus den Gründen:
Der Beklagte bot bei eBay den streitgegenständlichen Pkw zum Verkauf an. Auf der eBay-Angebotsseite hieß es wörtlich: "Wichtige Info, es handelt sich hier um eine Privatauktion und ich übernehme nach dem EU-Recht keine Garantie". Die Klägerin ersteigerte das Fahrzeug am 04.04.2004 zum Preis von EUR 2.099,00 durch ihren Lebensgefährten, welcher das Fahrzeug gegen Zahlung des Kaufpreises am Wohnort des Beklagten übernahm. Dabei wurde zwischen dem Lebensgefährten der Klägerin und dem Beklagten ein weiterer Kaufvertrag in Vertretung der Klägerin geschlossen. In der Vertragsurkunde heißt es wörtlich: "Der Wagen wurde im Auftrag der Witwe über eBay zu einem Preis von EUR 2.099,00 versteigert. Fahrzeug wurde vom Käufer begutachtet und Probe gefahren. Es wurden keinerlei Mängel festgestellt!".
Die Klägerin behauptet, es habe sich nach Erhalt des Wagens herausgestellt, dass dieser zuvor einen schweren Unfallschaden erlitten hätte, der unsachgemäß repariert worden sei. Der Beklagte habe vom Vorschaden des streitgegenständlichen Kraftfahrzeugs gewusst.
Die Parteien streiten, ob ein Gewährleistungsausschluss wirksam vereinbart worden ist.
Das Gericht hat die Klage abgewiesen und ausgeführt:
"Zwischen den Parteien ist am 04.04.2004 mit Ablauf der vorgegebenen Zeit ein Kaufvertrag zu Stande gekommen. Dabei hat die Klägerin vertreten durch ihren Lebensgefährten durch Abgabe des Höchstgebots ihre Zustimmung zu den vom Beklagten in dem eBay-Angebot beschriebenen Bedingungen erklärt und der [...] Gewährleistungsausschluss ist Vertragsbestandteil geworden. Der Gewährleistungsausschluss ergibt sich aus dem Satz, wonach der Beklagte "nach dem EU-Recht keine Garantie" übernimmt. Die Auslegung dieser Vertragsklausel ergibt, dass vom Beklagten der Ausschluss jeglicher Gewährleistung gewollt war.
Zwar bedeutet die Angabe "ohne Garantie" in der Regel keinen Haftungsausschluss, jedoch ist hier aus dem Verweis auf das "EU-Recht" ersichtlich, dass nicht lediglich klargestellt wurde, dass vom Beklagten keine vertragliche Garantie übernommen werde, sondern dass der Beklagte auch nicht nach den gesetzlichen Bestimmungen für die Beschaffenheit der Sache einstehen möchte.
Dies wird durch die Verwendung des Begriffes "Recht" deutlich, wobei zu beachten ist, dass die Klausel hier im Rechtsverkehr unter juristischen Laien verwandt wurde. Für diese Auslegung spricht auch, dass das Gewährleistungsrecht im Rahmen der Umsetzung der EU-Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf im Jahre 2002 umgestaltet wurde, was durch zahlreiche Presseveröffentlichungen auch juristischen Laien bekannt geworden ist.
Der Vereinbarung eines Gewährleistungsausschlusses steht auch nicht die am 05.04.2004 geschlossene Vereinbarung zwischen dem Lebensgefährten der Klägerin und dem Beklagten entgegen, da diese Vereinbarung den am 04.04.2004 geschlossenen Kaufvertrag nicht ersetzt, sondern lediglich ergänzt. [...]
Dem Beklagten ist es auch nicht nach § 444 BGB verwehrt, sich auf den Gewährleistungsausschluss zu berufen, da er den Mangel nicht arglistig verschwiegen hat. Den Beweis für eine Kenntnis des Beklagten hinsichtlich der behaupteten Vorschäden ist die Klägerin, die diesbezüglich beweisbelastet ist, schuldig geblieben. [...]"
Anmerkung:
Die Entscheidung ist im vorliegenden Fall sachgerecht, aber nicht generell auf andere Fälle zu übertragen.
Wie das Gericht richtigerweise feststellte, bedeutet die Klausel "ohne Garantie" regelmäßig keinen Haftungsausschluss.
Dass die Klausel im Rechtsverkehr "unter juristischen Laien" verwandt wurde, führt nach Ansicht des Gerichts hier ausnahmsweise zur Wirksamkeit des Haftungsausschlusses.
Verkäufer mit größerer Verkaufserfahrung und vor allem gewerbliche Verkäufer sollten auf diese Klausel, gleichgültig wie häufig sie in den Online-Auktionshäusern zu finden ist, nicht vertrauen.
Stand: 25.10.2005
Fundstelle: BGH, Urteil vom 6. April 2005 - VIII ZR 27/04 www.bundesgerichtshof.de.
Diese Entscheidung im Volltext finden Sie hier.
Aus den Gründen:
Der Kläger mietete mit schriftlichem Vertrag vom 31. Oktober 2001 ab dem folgenden Tag von dem Beklagten eine Wohnung in dem Haus in B. Der von dem Beklagten gestellte Formularvertrag enthielt folgende Klausel:
Vertrag auf unbestimmte Zeit mit beiderseitigem Kündigungsverzicht
Die Parteien verzichten wechselseitig für die Dauer von 5 Jahren
auf ihr Recht zur Kündigung dieses Mietvertrages. Eine Kündigung
ist erstmalig nach Ablauf eines Zeitraums von 5 Jahren mit der
gesetzlichen Frist zulässig. Von dem Verzicht bleibt das Recht der Parteien zur Kündigung aus wichtigem Grund und zur außerordentlichen
Kündigung mit gesetzlicher Frist unberührt.
Im Vertragstext wurde die Zahl 5 handschriftlich in eine durch einen Unterstrich gekennzeichnete Leerstelle eingefügt. Der Kläger kündigte das Mietverhältnis und übergab dem Beklagten die Wohnungsschlüssel. Die Wohnung wurde einige Monate später an einen neuen Mieter vermietet.
Die Parteien streiten nun um Rückzahlung der geleisteten Mietsicherheit sowie der angefallenen Zinsen. Der Beklagte rechnet unter anderem in Höhe von 600 EUR mit der von ihm beanspruchten Miete für den Monat Februar und die erste Hälfte des Monats März auf. Die Parteien streiten insbesondere darüber, ob der Kündigungsverzicht wirksam und dementsprechend die Kündigung des Klägers unwirksam ist.
Der vereinbarte Kündigungsverzicht ist nicht gemäß § 573c Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 BGB unwirksam.
Die Vereinbarung eines zeitlich begrenzten Ausschlusses des Kündigungsrechts durch eine Individualvereinbarung verstößt weder gegen § 573c Abs. 4 BGB noch gegen § 575 Abs. 4 BGB (BGH, Urteil vom 22. Dezember 2003 - VIII ZR 81/03). § 573c Abs. 4 BGB ist nicht einschlägig. Diese Norm regelt lediglich die Kündigungsfrist. Dies setzt voraus, dass ein Kündigungsrecht besteht. Auch die Entstehungsgeschichte des Mietrechtsreformgesetzes spricht gegen ein Verbot von Kündigungsausschlussvereinbarungen.
So geht die Begründung des Regierungsentwurfs zu § 575 BGB davon aus, dass das ordentliche Kündigungsrecht für einen vertraglich festgelegten Zeitraum beiderseits ausgeschlossen werden kann (BT-Drucks. 14/4553, S. 69).
Der BGH hat bereits mehrfach entschieden, dass auch ein beiderseitiger, zeitlich begrenzter Kündigungsausschluss in einem Formularmietvertrag grundsätzlich wirksam ist (BGH, Urteil vom 30. Juni 2004 - VIII ZR 379/03; BGH, Urteil vom 14. Juli 2004 - VIII ZR 294/03; BGH, Urteil vom 6. Oktober 2004 - VIII ZR 2/04).
Die streitgegenständliche Klausel des Mietvertrages ist aber gemäß § 9 Abs. 1 AGBG unwirksam, weil die Dauer des formularmäßigen Kündigungsverzichts von fünf Jahren den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt.
Bei der fraglichen Regelung des formularmäßigen Mietvertrages handelt es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne von § 1 AGBG (jetzt § 305 BGB). Unerheblich ist, dass die Dauer des Kündigungsverzichts durch eine handschriftliche Ergänzung in den im Übrigen vorgedruckten Text auf fünf Jahre festgelegt wurde. Die Schriftart ist insoweit nach § 1 Abs. 1 Satz 2 AGBG (jetzt § 305 Abs. 1 Satz 2 BGB) ohne Bedeutung.
Eine Formularklausel wäre allerdings hinsichtlich der Dauer des Kündigungsverzichts zu verneinen, wenn die Ergänzung von den Parteien individuell ausgehandelt (§ 1 Abs. 2 AGBG; jetzt § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB) oder gar von dem Kläger selbst nach seiner freien Entscheidung vorgenommen worden wäre (vgl. BGH, WM 1998, S. 562; BGH, BGHZ 141, S. 108 (S. 110)). Das war hier nicht der Fall. Der Vertragspartner hatte hier lediglich die Möglichkeit, die bereits vorbereiteten Vertragsbestimmungen zu prüfen. Das reicht für ein Aushandeln aber nicht aus (st. Rspr. des BGH, BGHZ 143, S. 103 (S. 111 f.)).
Ein formularmäßiger Kündigungsverzicht von fünf Jahren benachteiligt nach Ansicht des BGH den Mieter von Wohnraum in der Regel entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und ist daher nach § 9 Abs. 1 AGBG (jetzt § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB) unwirksam:
"Wie in der Begründung des Regierungsentwurfs zum Mietrechtsreformgesetz vom 19. Juni 2001 (BT-Drucks. 14/4553 S. 38 f.) hervorgehoben wird, kommt der Mobilität und Flexibilität in der heutigen modernen Gesellschaft zunehmende Bedeutung zu. Durch einen Kündigungsverzicht wird der Mieter jedoch in seiner Dispositionsfreiheit erheblich eingeschränkt. Bei beruflichen, familiären, krankheitsbedingten oder sonstigen persönlichen Veränderungen seiner Lebensverhältnisse kann er den Mietvertrag über eine hierdurch ungeeignet gewordene Wohnung nicht kündigen, selbst wenn die genannten Veränderungen unvorhergesehen oder gar ungewollt eingetreten sind. Da die Miete mit Nebenkosten nicht selten einen beträchtlichen Teil des Einkommens aufzehrt, wird es dem Mieter auch kaum möglich sein, eine zweite Wohnung zu unterhalten, die seinen geänderten Bedürfnissen gerecht wird. Die Möglichkeit, gegebenenfalls einen geeigneten Nachmieter zu stellen (vgl. Senatsurteil vom 22. Dezember 2003, aaO unter II 1 c), ist zu unsicher, um die erhebliche Beeinträchtigung der Dispositionsfreiheit des Mieters durch einen formularmäßigen Kündigungsverzicht auszugleichen. Da der beiderseitige Kündigungsverzicht aber insofern auch Vorteile für den Mieter hat, als er diesen über den durch §§ 573, 574 BGB gewährten Kündigungsschutz hinaus vor einer ordentlichen Kündigung des Vermieters absichert, benachteiligt ein formularmäßiger Kündigungsverzicht den Mieter im Regelfall dann nicht unangemessen, wenn er in zeitlicher Hinsicht überschaubar und dadurch für ihn erträglich ist.
Angesichts dessen ist es von vorneherein ausgeschlossen, in Anlehnung an § 544 Satz 1 BGB einen Kündigungsverzicht für die Dauer von 30 Jahre zuzulassen (so aber noch Lützenkirchen, ZMR 2001, 769, 770; Blank, ZMR 2002, 797, 801; anders inzwischen Lützenkirchen, MDR 2004, 926, 927; Blank in: Blank/Börstinghaus, Miete, 2. Aufl., § 575 Rdnr. 76). Auf der anderen Seite kommt es auch nicht in Betracht, die Dauer eines formularmäßigen Kündigungsverzichts unter Heranziehung von § 11 Nr. 12 Buchst. a AGBG (jetzt § 309 Nr. 9 Buchst. a BGB) auf lediglich zwei Jahre zu begrenzen. Abgesehen davon, daß diese Laufzeitregelung für bestimmte Dauerschuldverhältnisse nicht für Mietverträge gilt (BGH, Urteil vom 10. Februar 1993 - XII ZR 74/91, WM 1993, 791 unter II 2 a m.w.Nachw.), läßt das Gesetz selbst in § 557a Abs. 3 BGB bei Staffelmietverträgen einen Ausschluß des Kündigungsrechts des Mieters für vier Jahre zu. Diese gesetzliche Regelung gibt ungeachtet dessen, daß sie dem Wortlaut nach nur für Staffelmietverträge gilt, einen Hinweis darauf, wo nach Auffassung des Gesetzgebers allgemein die zeitliche Grenze eines Kündigungsverzichts des Mieters zu ziehen ist. Nach der Gesetzesbegründung zu § 10 Abs. 2 MHG, der Vorgängerregelung des § 557a BGB, erscheint es "unter Berücksichtigung der möglichen Zwangslage der Wohnungssuchenden beim Abschluß eines Mietvertrages ... erforderlich, den Ausschluß des Kündigungsrechts des Mieters auf vier Jahre zu begrenzen" (BT-Drucks. 9/2079 S. 18). Demgemäß ist ein formularmäßiger Kündigungsverzicht wegen unangemessener Benachteiligung des Mieters von Wohnraum in der Regel unwirksam, wenn seine Dauer mehr als vier Jahre beträgt. Dies entspricht der überwiegenden Auffassung im Schrifttum, soweit dieses einen formularmäßigen Kündigungsverzicht für zulässig erachtet (z.B. Blank in: Blank/Börstinghaus, aaO; Palandt/ Weidenkaff, BGB, 64. Aufl., § 573c Rdnr. 3; Wiek, WuM 2004, 509, 511; Eckert, EWiR 2004, 1167, 1168; vgl. auch Börstinghaus in: Börstinghaus/ Eisenschmid, MietPrax-AK, § 573c BGB Nr. 9). Unter besonderen Umständen mag etwas anderes gelten. Dafür ist hier jedoch weder etwas vorgetragen noch sonst ersichtlich."
Der formularmäßige Kündigungsverzicht ist damit insgesamt unwirksam. Eine Aufrechterhaltung der Klausel mit einer verkürzten Dauer des Kündigungsverzichts kommt nicht in Betracht. Dem steht das generelle Verbot einer geltungserhaltenden Reduktion entgegen (vgl. BGHZ 143, S. 103 (S. 118 ff.) m.w.N.).
Stand: 26.04.2005