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Zuständigkeit der deutschen Gerichte für Klage gegen Internetveröffentlichung der New York Times
BGH, Urteil vom 2. März 2010 - VI ZR 23/09

Fundstelle: Bundesgerichtshof, Mitteilung der Pressestelle Nr. 48/2010

Die deutschen Gerichte sind für eine Klage wegen Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts durch einen im Internet abrufbaren Artikel international zuständig, wenn der Artikel deutliche Bezüge nach Deutschland aufweist.

Der in Deutschland wohnhafte Kläger nimmt die Verlegerin der Tageszeitung "The New York Times" sowie den in New York ansässigen Autor eines am 12. Juni 2001 in den Internetauftritt der Zeitung eingestellten und dort im "Online-Archiv" zum Abruf bereit gehaltenen Artikels, durch den sich der Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt sieht, auf Unterlassung in Anspruch. Beide Vorinstanzen haben die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte verneint und die Klage deshalb als unzulässig abgewiesen. Auf die Revision des Klägers hat der u.a. für den Schutz des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ist gemäß § 32 ZPO gegeben. Nach § 32 ZPO ist für Klagen aus unerlaubten Handlungen das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist. Begehungsort der deliktischen Handlung ist dabei sowohl der Handlungs- als auch der Erfolgsort. Der Erfolgsort der vom Kläger behaupteten Persönlichkeitsrechtsverletzung liegt in Deutschland, weil dort der Eingriff in das geschützte Rechtsgut droht. Der angegriffene Artikel weist einen deutlichen Inlandsbezug auf, der ein erhebliches Interesse deutscher Internetnutzer an seiner Kenntnisnahme nahe legt. In dem angegriffenen Artikel wird der in Deutschland wohnhafte Kläger namentlich genannt. Ihm werden unter Berufung auf Berichte europäischer Strafverfolgungsbehörden Verbindungen zur russischen Mafia nachgesagt. Es wird behauptet, seine Firma in Deutschland sei ausweislich der Berichte deutscher Strafverfolgungsbehörden Teil eines Netzwerkes des internationalen organisierten Verbrechens und dem Kläger sei die Einreise in die USA untersagt. Bei dieser Sachlage liegt es nahe, dass der Artikel im Inland zur Kenntnis genommen wurde oder wird. Bei der "New York Times" handelt es sich um ein international anerkanntes Presseerzeugnis, das einen weltweiten Interessentenkreis ansprechen und erreichen will. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war und ist die Online-Ausgabe der Zeitung auch in Deutschland abrufbar. Deutschland ist im Registrierungsbereich des Online-Portals ausdrücklich als "country of residence" aufgeführt. Im Juni 2001 waren nach den Feststellungen des Berufungsgerichts 14.484 Internetnutzer registriert, die Deutschland als Wohnsitz angegeben hatten.

Stand: 02.03.2010

Änderung des nordrhein-westfälischen Gütestellen- und Schlichtungsgesetzes

Im Rahmen des Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung von § 15a des Gesetzes betreffend die Einführung der Zivilprozessordnung vom 20. November 2007 wurde in Nordrhein-Westfalen die Pflicht in vermögensrechtlichen Streitigkeiten vor dem Amtsgericht über Ansprüche, deren Gegenstand an Geld oder Geldeswert die Summe von 600 Euro nicht übersteigt, ein Schlichtungsverfahren durchzuführen, gestrichen.

In Nordrhein-Westfalen hatte der Landesgesetzgeber im Gütestellen- und Schlichtungsgesetz (GüSchlG NRW) bestimmt, dass die Erhebung einer Klage erst zulässig ist, nachdem vor dem Schiedsamt oder einer anderen durch die Landesjustizverwaltung anerkannten Gütestelle versucht wurde, vermögensrechtliche Streitigkeiten, deren Gegenstandswert die Summe von 600 Euro nicht überstiegt, einvernehmlich beizulegen.

Eine vor Durchführung des Schlichtungsverfahrens gemäß § 15a EGZPO erhobene Klage war nach Ansicht des BGH (siehe unten) unzulässig. Diese Regelung ist nun entfallen.

Das Gütestellen- und Schlichtungsgesetz (GüSchlG NRW) bestimmt aber weiterhin, dass die Erhebung einer Klage in bestimmten Fällen erst zulässig ist, nachdem vor dem Schiedsamt oder einer anderen durch die Landesjustizverwaltung anerkannten Gütestelle versucht wurde, die Streitigkeit einvernehmlich beizulegen:

Stand: 12.02.2008

Durchführung eines obligatorischen Schlichtungsverfahrens vor Klageerhebung
BGH, Urteil vom 23. November 2004 (Az. VI ZR 336/03)

Leitsätze des Verfassers:
Eine vor Durchführung des Schlichtungsverfahrens gemäß § 15a EGZPO erhobene Klage ist unzulässig ist.

Das Schlichtungsverfahren kann nicht während des Rechtsstreits nachgeholt werden.

Fundstelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 138/2004

Anmerkung:

Durch den VI. Zivilsenat des BGH wurde nunmehr die Streitfrage entschieden, ob ein obligatorisches Schlichtungsverfahren während des Rechtsstreits nachgeholt werden kann oder die Klage bereits unzulässig ist.

Gemäß § 15a EGZPO kann durch Landesgesetz bestimmt werden, dass in bestimmten Fällen die Erhebung der Klage erst dann zulässig ist, nachdem vor einer eingerichteten oder anerkannten Gütestelle versucht wurde, die Streitigkeit einvernehmlich beizulegen.

In Nordrhein-Westfalen hat der Landesgesetzgeber im Gütestellen- und Schlichtungsgesetz (GüSchlG NRW) bestimmt, dass die Erhebung einer Klage in folgenden Fällen erst zulässig ist, nachdem vor dem Schiedsamt oder einer anderen durch die Landesjustizverwaltung anerkannten Gütestelle versucht wurde, die Streitigkeit einvernehmlich beizulegen:

  • In vermögensrechtlichen Streitigkeiten vor dem Amtsgericht über Ansprüche, deren Gegenstand an Geld oder Geldeswert die Summe von 600 Euro nicht übersteigt.
  • In Streitigkeiten über Ansprüche wegen der in § 906 des Bürgerlichen Gesetzbuches geregelten Einwirkungen, sofern es sich nicht um Einwirkungen von einem gewerblichen Betrieb handelt, des Überwuchses nach § 910 des Bürgerlichen Gesetzbuches, des Hinüberfalls nach § 911 des Bürgerlichen Gesetzbuches, eines Grenzbaums nach § 923 des Bürgerlichen Gesetzbuches und der im Nachbarrechtsgesetz für Nordrhein-Westfalen geregelten Nachbarrechte, sofern es sich nicht um Einwirkungen von einem gewerblichen Betrieb handelt.
  • In Streitigkeiten über Ansprüche wegen Verletzungen der persönlichen Ehre, die nicht in Presse oder Rundfunk begangen worden sind.

Der Bundesgesetzgeber beabsichtigte mit der Einführung des obligatorischen Schlichtungsverfahrens, dass durch ein der Klageerhebung vorgeschaltetes Verfahren die Justiz entlastet wird und bestimmte Konflikte rascher und kostengünstiger bereinigt werden können.

Nach Ansicht des BGH lassen sich die angestrebten Ziele der Justizentlastung und einer raschen und kostengünstigen Konfliktbereinigung ausschließlich durch ein unabhängiges vorgeschaltetes Verfahren erreichen.

Sind beide Verfahren nebeneinander möglich, findet in der Regel keine Entlastung statt, da in vielen Fällen die Parteien das Schlichtungsverfahren nicht mit einem ernsthaften Einigungswillen betreiben werden, wenn bereits ein Gerichtsverfahren rechtshängig ist und dafür Kosten entstanden sind. Dem ist zuzustimmen.

Die Gegenansicht, wonach das Schlichtungsverfahren bis zur letzten mündlichen Verhandlung nachgeholt werden kann, überzeugt nicht, da anderenfalls die vom Gesetzgeber angestrebten Zwecke nicht erreicht werden können.

Stand: 30.11.2004